Altes BUND Grundstück - neu entdeckt!

Der BUND besitzt in Oldenburg einige Flächen in den Bornhorster Huntewiesen und dem Moorplacken, die extensiv landwirtschaftlich bewirtschaftet werden. Darüber hinaus werden voraussichtlich leider keine weiteren Flächen für Naturschutzmaßnahmen oder Umweltbildung gekauft. Aus alten Zeiten stammt jedoch noch ein kleines Grundstück am Reiherweg in Oldenburg Osternburg, welches zu diesen Zwecken genutzt wird. Es wurde dem BUND damals geschenkt.
Das Grundstück in Drielake grenzt im Norden direkt an die Bahnstrecke Bremen-Oldenburg. Westlich verläuft eine 110 Kv Hochspannungsleitung.
Das ehemalige Einsiedler-Grundstück wurde zuletzt 1986 bewohnt. Während die Reste der Grundmauer eines alten Ziegelbaus noch heute zu finden sind, konnten die beiden damals zu Wohnzwecken umgenutzten „Pekol-Busse“ 1988 bei Übernahme des Grundstückes durch den BUND an einen Oldenburger Sammler abgegeben werden. Nach der vollständigen Abholzung des seinerzeit vorhandenen Fichtenbestandes wurde das Grundstück forthin regelmäßig von ehrenamtlichen BUND-Mitgliedern mit der Sense gemäht und offengehalten. Es folgten Pflanzungen von heimischen Laubgehölzen, wie Buche, Ahorn, Eiche, Eberesche und Erle. Die vorhandenen Weiden wurden als Kopfweiden gepflegt.
"In den alten Handtorfstichen wuchsen Pflanzen, wie Echtes Mädesüß, Kuckucks-Lichtnelke und Stechender Hohlzahn. Seit Anfang der 90‘iger Jahrewurde das Grundstück sich selbst überlassen, und die ersten Birken und Pappeln konnten sich aussamen," so Sabine Reimer, die als langjähriges BUND-Mitglied auch die Anfänge der Grundstücksübernahme hautnah miterlebt hat. Entlang der Bahnschienen fassten diese dann vermehrt Fuß.
Unversiegelte Flächen, in denen wir Menschen nicht oder nicht mehr eingreifen und die somit sich selbst überlassen werden, unterliegen einer freien oder natürlichen Sukzession. Sie wachsen nach und nach (sukzessive) wieder zu. Sukzessionsflächen sind selten geworden. In Wäldern finden wir sie teilweise als Verjüngungsflächen. Manche Flächen werden aus Naturschutzgründen bewusst wieder der freien Sukzession überlassen. Auch unsere Stillgewässer würden je nach Größe und Umweltbedingungen in unterschiedlichen Zeiträumen sukzessive verlanden und bewaldet sein, würden wir sie nicht beizeiten freiräumen.
Boden und Wasserverhältnisse

An der vorherrschenden Bodentrockenheit, der sehr vielfältigen und nicht mehr moortypischen Vegetation sowie an den starken Höhenunterschieden auf dem Grundstück sind die Degenerierung des ehemaligen „Erdhochmoores“ [1] durch Entwässerung, Abtorfung und Aufschüttungen sehr gut zu erkennen. Ehemalige Handtorfstiche, das spätere Auffüllen, sowie das Anlegen eines kleinen Siedlungshügels begründen die unterschiedlichen vorzufindenden Geländehöhen.
Die derzeit extremen Wetterbedingungen führen zu variierenden Wasserverhältnissen. Während der Boden bis 2022 überwiegend trocken war, ist er seit 2023 in den Senken und Gräben eher gut durchfeuchtet, zeitweise durchnässt und sogar überflutet. In den meisten Bereichen zeigt sich der Boden entsprechend seiner heutigen Vegetation eher sauer und nährstoffarm.
Durch den eher nassen Sommer stand in den Gräben und im südwestlichen Teil des Wäldchens im August 2024 deutlich länger das Wasser als bei der Begehung vom 26. Juli im Jahr 2023. Bei der Begehung zur zweiten Vegetationsaufnahme im August 2024 war nach zwei trockenen Wochen kein "stehendes" Wasser mehr vorhanden. Die Böden in den Senken waren jedoch noch nass, und an den Rändern standen, anders als im trockeneren Jahr 2023, die Sumpf-Schwertlilie als Wechselwasserzeiger und der Blut-Weiderich (, nach Ellenberg, zw. Feuchtezeiger und Nässezeiger). Die Binsen schienen sich ebenfalls stärker ausgebreitet zu haben.
[1] Vgl. Landschaftsrahmenplan (LRP) Stadt Oldenburg 2016 (Bodentypen nach Bodenkarte 1:25000)
Pflanzen, Tiere und Lebensräume
Vegetationsaufnahme auf dem BUND-eigenen Grundstück
(8. August 2024/Artenliste)
Baumarten:
Acer pseudoplatanus – (Berg-Ahorn)
Aesculus hippocastanum – (Rosskastanie)
Alnus glutinosa – (Schwarz-Erle)
Betula pendula – (Hänge-Birke)
Betula pubescens – (Moor-Birke)
Fraxinus excelsior – (Gewöhnliche Esche)
Picea abies – (Gemeine Fichte)
Picea sichtensis – (Sitkafichte)
Populus canadensis – (Kanadische Pappel)
Populus tremula – (Aspe)
Salix aurita – (Ohr-Weide)
Salix caprea – (Sal-Weide)
Sorbus aucuparia – (Eberesche)
Quercus robur – (Stiel-Eiche)
Sträucher:
Corylus avellana – (Gemeine Hasel)
Crataegus monogyna – (Eingriffliger Weißdorn)
Frangula alnus – (Echter Faulbaum)
Prunus padus – (Gewöhnliche Trauben-Kirsche)
Prunus serotina – (Späte Trauben-Kirsche)
Ribes nigrum – (Schwarze Johannesbeere)
Rosa multiflora – (Büschel-Rose)
Rubus Rubus sect. – (Brombeere)
Rubus idaeus – (Himbeere)
Sambucus nigra – (Schwarzer Holunder)
Sorbus Aucuparia – (Vogelbeere)
Farne:
Athyrium filix-femina – (Gewöhnlicher Frauenfarn)
Dryopteris carthusiana agg. – (Dorniger Wurmfarn)
Süßgräser:
Calamagrostis epigejos – (Sand-Reitgras)
Deschampsia cespitosa agg. – (Rasen-Schmiele)
Sauergräser:
Carex spec. – (Seggen / 2 Arten)
Juncus effusus – (Flatter-Binse)
Kräuter:
Allaria petiolata – (Gewöhnliche Knoblauchsrauke)
Aegopodium podagraria – (Gewöhnlicher Giersch)
Arctium minus – (Kleine Klette)
Circaea lutetiana – (Gemeines Hexenkraut)
Galeobdolon luteum agg. – (Echte Goldnessel)
Geum urbanum – (Echte Nelkenwurz)
Glechoma herderacea – (Gundermann)
Humulus lupulus – (Echter Hopfen)
Impatiens glandulifera – (Drüsiges Springkraut)
Iris pseudacorus – (Sumpf-Schwertlilie)
Lysimachia vulgaris – (Gemeiner Gilbweiderich)
Lythrum salicaria – (Gewöhnlicher Blutweiderich)
Solidago spec. – (Goldrute)
Urtica dioica – (Gewöhnliche Brennnessel)
Diese Pflanzenartenliste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Falls ihr weitere Arten findet, meldet Euch gerne und wir ergänzen sie auf dieser Seite. Wer Lust hat, die vorkommenden Seggen, Moose und Flechten zu bestimmen, ist dazu herzlich eingeladen. Entsprechendes Werkzeug (sehr alte Binoculare (-:) ) findet ihr im Umwelthaus.
Fauna
Spezielle faunistische Erfassungen sind bisher nicht durchgeführt worden. Bei der Vegetationskartierung am 8. August 2024 konnten neben wenigen Insekten, wie Waldbrettspiel, zwei weiteren Schmetterlingsarten, Großlibellen, Wanzen auch einige Zweiflügler, wie Fliegen und Mücken beobachtet werden. An Säugetieren wurde ein Hase aufgescheucht und aufgrund von Verbiss werden Rehe vermutet. An Greifvögeln konnte ausdauernd ein Sperber gehört werden.
U. a. wohl aufgrund der Nässe im Sommer 2024 waren in dem kleinen Wäldchen verstreut einige junge Amphibien, (Gras- oder Moorfrösche) zu finden. Wir werden in der Laichzeit im Frühjahr schauen, ob diese Rote-Liste-Art tatsächlich hier lebt.
Zur Fauna seid ihr ebenfalls eingeladen, die Bestandaufnahme zu vervollständigen und zu präzisieren.
Benjes Hecke als Lebensraum
Um eine Begehbarkeit des Waldstückes zu erhalten und das Grundstück einzugrenzen wurde in Zusammenarbeit mit der BUND-Jugend eine Benjes-Hecke aufgeschichtet. Die Totholzhecke wird nach dem Namen zweier Landschaftsgärtner mit dem Namen Benjes auch Benjeshecke genannt: In den 80iger Jahren beschrieb Hermann Benjes als erster diese „Heckenform“ als ökologische Landschaftsgestaltung. Sie besteht aus einer Doppelreihe aus Pfählen in die locker Zweige und Äste aus Schnittgut aufgeschichtet werden.
Die Hecke bietet Schutz und Lebensraum für Vögel, wie das Rotkehlchen, Amphibien, wie Frösche, Insekten, wie Wildbienen und spezialisierte Totholzkäfer sowie kleine Säugetiere wie Mäuse und Igel.
Mit der Zeit siedeln sich auch Sträucher, Bäume und Kräuter an, die die Hecke weiter stabilisieren. Sie schafft Verbindungswege und unterstützt die natürliche Wiederbewaldung durch Samenverbreitung. Dadurch wird die Biodiversität unterstützt und der Biotopverbund in der Landschaft gefördert. Benjeshecken schützen außerdem vor Wind und Erosion und tragen zur Stabilisierung des Mikroklimas bei.
Nach der Errichtung benötigt eine Benjeshecke wenig Pflege, sie kann sich weitestgehend selbst überlassen werden und im Laufe der Zeit zuwachsen. Die Benjeshecke ist eine wertvolle und nachhaltige Methode zur Förderung der Biodiversität.
Was bleibt zu tun?

Gemeinschaftsaktionen
Das Wäldchen wird von den Ehrenamtlichen des BUND bei Gemeinschaftsaktionen weiterhin gepflegt, in dem z.B. Wege freigehalten werden. Überdies werden die vier sehr alten und teilweise durch umgestürzte Bäume fast zerstörten Apfelbäume beschnitten in der Hoffnung, ihnen wieder (mehr) Leben einzuhauchen. Ein Tor ist fast fertig, und die Benjeshecke wird verlängert. Dann geht es daran, insbesondere die Jungtriebe der Zitterpappeln zu entkusseln, um ein weiteres Aufwachsen zu verhindern (siehe "Verkehrssicherungspflicht")
Verkehrssicherungspflicht
Die größte Herausforderung stellt die Verkehrssicherungspflicht an der Bahnstrecke dar. Niemand möchte, dass Moorbirken und die teils mehr als 15 Meter hohen Zitterpappeln auf die Gleise oder die Fahrdrähte stürzen. Insbesondere diese schnellwüchsige und sich durch Rhizombildung leicht ausbreitende Art macht uns sehr zu schaffen. Deshalb "inspizieren" wir regelmäßig den Baumbestand parallel zum Bahndamm. In diesem Jahr haben wir zum dritten Mal hintereinander eine Fachfirma beauftragt, vor Beginn der Brut- und Setzzeit Anfang März ihre Baumkletterer zu uns zu schicken und einige Bäume auf acht Meter Höhe zu kappen. Das ist auf die Dauer für uns als Mitgliederverband zu teuer.
Bildung für Nachhaltige Entwicklung
Ökologische Themen wie "Sukzession", "Totholz", "Hochmoor", "Torfstiche" und "Benjes-Hecken", aber auch der lokal-historische Bezug zur ehemaligen Osternburger Glashütte und deren damals nicht so genannte Entsorgung von Schlacken auf Hofeinfahrten in Osternburger Vorgärten und auch auf "unserem" Grundstück und die deshalb durch den BUND vor 30 Jahren beauftragte Altlastenentsorgung sind spannende Themen, die wir Jung und Alt vermitteln möchten. Gleichzeitig soll das Grundstück kein Wallfahrtsort werden, sondern es soll ein leicht verwildertes, weitgehend sich selbst überlassenes Einod bleiben.